Pflegeroboter / Roboter in der Pflege: Hersteller & Kosten
Ein Forschungsprojekt der TU Ilmenau will einen autonomen Roboter auf den Markt bringen, der Rentner im Alltag unterstützt: Die Testphase zeigt, was der Helfer kann und wo seine Grenzen sind. Die Vision könnte schon in wenigen Jahren Realität werden.
Es klingt wie eine Szene aus einem Science-Fiction Film: Als das Telefon in der Wohnung von Ingrid Rose klingelt, kommt Max, ein etwa 1,20 Meter großer gelber Roboter mit großen Spielzeug-Augen zu ihrem Sessel gefahren. Ein Bildschirm auf seiner Brust zeigt den Anruf. Es ist Frau Roses Hausarzt, der per Videotelefonie kurz die Ergebnisse der neuesten Blutdruckwerte bespricht.
Die hatte die Seniorin kurz vorher von Max messen und an den Arzt übermitteln lassen. Nachdem das Gespräch beendet ist, lobt Frau Rose den Roboter und tätschelt ihm sanft den Hinterkopf. Max schnurrt zufrieden und wird sich merken, dass er etwas gut gemacht hat. Danach trollt er sich, um sich an der Ladestation im Flur selbst aufzuladen. Diese Vision ist bereits Realität - zumindest in einer Testphase.
Roboter für die Pflege
"Roboter werden definitiv im häuslichen und klinischen Bereich Einzug halten." Das steht für Horst-Michael Groß außer Frage. Angesichts einer alternden Gesellschaft und einem drohenden Pflegenotstand seien massive Probleme in der Pflege zu erwarten.
"Roboter werden zu Partnern, die diese Mängel ergänzen müssen." Groß sollte es wissen: Als Professor im Fachbereich Neuroinformatik und Kognitive Robotik an der TU Ilmenau arbeitet er an vorderster Front in Sachen Robotik.
Bisher ist die Realität auf diesem Gebiet noch ernüchternd: "Von den Robotern, die wir aus Hollywoodfilmen kennen, sind wir in der Realität noch meilenweit entfernt." Die intelligenten, teilweise bedrohlichen Maschinen, die dem Menschen ebenbürtig oder gar überlegen sind, werden auf absehbare Zeit wohl Fantasie bleiben.
"Heute bekannte Roboter wurden zudem meist nur unter Laborbedingungen getestet", sagt Groß. "Man darf sich da durch vollmundige Ankündigungen nicht täuschen lassen."
Im Klartext heißt das: Roboter sind bis heute noch um einiges hilfloser und dümmer, als es Werbung und Filmindustrie uns Glauben machen wollen. Das gilt für den menschenähnlichen "Asimo" von Honda genauso wie für den Roboter-Seehund "Paro" und all ihre Verwandten.
Der menschliche Alltag mit seiner Flut an Informationen ist für künstliche Intelligenzen extrem verwirrend und bislang kaum zu bewältigen. Hinzu kommt der Kostenfaktor: Die erste Version des Pflegeroboters Care-o-bot vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung sollte mit rund einer Viertelmillion Euro zu Buche schlagen.
Forschungsprojekt Serroga
Aus diesen Blickwinkeln ist Max eine bemerkenswerte Entwicklung: Drei Jahre hat das Team um Groß im Forschungsprojekt Serroga (Service-Robotik für die Gesundheits Assistenz) an scheinbar simplen Aufgaben für Max gearbeitet. Einige der Ziele: Max soll sich in fremden Umgebungen eigenständig zurechtfinden.
Er soll Menschen erkennen und auf Befehle reagieren. Er soll kommen, wenn er gerufen wird und sich selbst aufladen, wenn er nichts zu tun hat. Und, vielleicht die wichtigste Aufgabe: Er soll erkennen, wenn ein älterer Mensch zuhause gestürzt ist und bei Bedarf Hilfeholen. Und letztlich soll das Ganze für unter 10.000 Euro zu haben sein.
"Die Erfolgsquote bei der Personensuche lag bei etwa 75 Prozent, das gilt in Fachkreisen als gut", beschreibt Groß die Ergebnisse der Testphase. Als Groß die Welt aus dem Blickwinkel von Max zeigt, wird das Problem deutlicher: Wenn Frau Rose bewegungslos zwischen Kissen und Decken auf ihrem Sofa sitzt und Gegenlicht durch das Fenster hinter ihr fällt, ist sie auf dem Bild tatsächlich nur schwer auszumachen.
Da kann es schonmal vorkommen, dass Max die Kuckucksuhr und den Stuhl darunter als sein Frauchen anspricht. Auch die Frage, ob vor ihm auf dem Teppich ein Kaffeebecher oder eine Katze liegt, kann unlösbare Fragen aufwerfen. Doch diese Probleme werden wohl mit den Nachfolgemodellen geringer.
Pflegeroboter Kosten
Da es aktuell nur wenige marktreife Angebote gibt, lässt sich auch nur wenig zu den Kosten für Roboter in der Pflege sagen. Unsere Redaktion fand bei einer Recherche 2021 ein Angebot für den Pflegeroboter "Pepper". Das Angebot war mit Kosten in Höhe von 19.900 Euro verbunden.
Technische Alternativen zu Robotern in der Pflege
Frau Rose selbst ist begeistert von dem neuen, garantiert stubenreinen Begleiter. Am meisten nutzte sie den Roboter in der Testphase - wie die meisten anderen älteren Testpersonen - keineswegs zum Telefonieren oder für den Gesundheitscheck: "Die meiste Zeit spielten die Tester mit Max verstecken: Aus der Ecke eines Raums riefen sie Max und er musste sie finden", sagt Groß mit einem Lächeln. "Das hat uns schon sehr überrascht."
Größter Kritikpunkt waren die wenigen Funktionen, die Max bisher beherrscht. Doch genau dieses Problem soll das Anschlussprojekt lösen, an dessen Ende die Marktreife von Max' großem Bruder stehen soll: Während die Forscher der FH Ilmenau dem Roboter die Intelligenz beibringen und die Ilmenauer Firma Metralabs die Konstruktion übernimmt soll "Paul" (kurz für "Persönlicher Assistent für unterstütztes Leben") die Funktionalität beisteuern: In diesem Fall ist das ein spezieller Tablet-PC für Senioren, der am Ende bis zu 70 Funktionen wie die Erinnerung an Medikamente, Notrufe oder das Surfen im Internet und Videotelefonie bieten wird.
Im Notfall sollen sogar entfernt lebende Verwandte den Roboter per App fernsteuern können, um zu sehen, ob es Oma und Opa noch gut geht. Entwickelt wurde das System an der Uni Kaiserlautern, umgesetzt von der Firma Cibek aus Rheinland-Pfalz.
Schon 2018 könnte die Kombination aus autonomem Roboter und Tablet-PC erhältlich sein. Dass es am Ende einen Markt für die rund 9.000 Euro teuren Geräte geben wird, steht für Groß außer Frage: "Es gibt durchaus Senioren, die sich so etwas leisten - etwa als Ersatz für ein Auto, wenn es mit dem Fahren nicht mehr so klappt."
Auch Leasingkonzepte seien denkbar. Senioren-Wohnanlagen könnten die Roboter-Begleiter den Bewohnern zur Miete anbieten. Eine Aussicht, die mit fortschreitendem Pflegenotstand immer wahrscheinlicher werden dürfte. "Sympartner" nennt sich das neue Forschungsprojekt, das den begabteren Nachfolger von Max hervorbringen soll. Eines ist aber bereits jetzt klar: Die Benutzung eines Türgriffs wird auch für den großen Bruder von Max ein Mysterium bleiben.
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